Außerordentliche Kündigung Ausgleich
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Lässt die außerordentliche Kündigung den Ausgleichsanspruch immer entfallen?
Es existieren im Handelsvertreterrecht zwei unterschiedliche gesetzliche Regelungen zur außerordentlichen Kündigung
Es ist zu unterscheiden. Wird dem Handelsvertreter aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt (meist fristlos) geht der Ausgleichsanspruch nicht automatisch verloren. Eine außerordentliche Kündigung ohne schuldhaftes Verhalten wirkt zunächst ausgleichserhaltend (BGH, Urt. v. 16.2.2000 – VIII ZR 134/99, NJW 2000, 1866; OLG München NJW-RR 1995, 1186; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 250).
Einfache Kündigung aus wichtigem Grund. Maßgeblich ist die Vorschrift des § 89a HGB:
Handelsgesetzbuch
§ 89a
(1) Das Vertragsverhältnis kann von jedem Teil aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(2) Wird die Kündigung durch ein Verhalten veranlaßt, das der andere Teil zu vertreten hat, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
Bei dem wichtigen Grund handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt nach der Legaldefinition in § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese Definition ist im gesamten Zivilrecht und damit auch im Vertriebsrecht maßgeblich.
Außerordentliche
Kündigung
fristlose Kündigung ist nicht gleich fristlose Kündigung mit Ausgleichsverlust
wichtiger Grund
Einfache fristlose Kündigung
wegen "Schuld"
Besondere fristlose Kündigung
wichtiger Grund
Einfache Kündigung aus wichtigem Grund. Maßgeblich ist die Vorschrift des § 89a HGB:
Handelsgesetzbuch
§ 89a
(1) Das Vertragsverhältnis kann von jedem Teil aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(2) Wird die Kündigung durch ein Verhalten veranlaßt, das der andere Teil zu vertreten hat, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
Bei dem wichtigen Grund handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt nach der Legaldefinition in § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese Definition ist im gesamten Zivilrecht und damit auch im Vertriebsrecht maßgeblich.
wegen schuldhaften Verhaltens
Der Gesetzestext in § 89a HGB ordnet nicht zugleich einen Ausgleichsverlust des Handelsvertreters an. Anders ist dies in § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB geregelt.
§ 89a gestattet die außerordentliche Kündigung bereits bei bloßer Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Die Voraussetzungen des Ausgleichsausschlusses nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 sind strenger: Zum Ausgleichsausschluss kommt es nur, sofern die Kündigung wegen „schuldhaften Verhaltens“ des Handelsvertreters erklärt wird (Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 246). Zudem muss es sich dabei nicht um eine fristlose Kündigung handeln.
§ 89b Abs. 3 Nr.2 HGB setzt nicht voraus, dass der Unternehmer das Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt hat.
Die besondere Kündigung nach § 89b HGB
Handelsgesetzbuch
§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB:
Der Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag.
Der Gesetzestext enthält für den Verlust des Ausgleichsanspruches bei einer Kündigung nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB eine zusätzliche wichtige weitere Voraussetzung. Der Tatbestand des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB sieht vor, dass dem Handelsvertreter aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens gekündigt werden muss, damit der Ausgleichsanspruch wegfällt und damit verloren geht.
wichtiger Grund
Der Begriff des wichtigen Grundes kann in § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB auch deswegen nicht zu Ungunsten des Vertreters anders (weiter) aufgefasst werden als in § 89a HGB, weil das Gesetz umgekehrt ausdrücklich bestimmt, dass nicht einmal jeder wichtige Grund, der nach § 89a HGB zur fristlosen Kündigung berechtigt, den Vertreter auch seines Ausgleichsanspruchs beraubt, eine solche Wirkung vielmehr nur vom Vertreter selbst verschuldete Gründe haben kann (BGH, LM § 355 ZPO Nr. 6 = VersR 1961, 52 [unter II 2c]).
Das gesetzliche Regime lässt keinen Zweifel daran, dass der Ausschluss des Ausgleichsanspruchs nach
§ 89b Abs. Nr. 2 HGB einen qualifizierten Fall des wichtigen Grundes i.S. des § 89a HGB voraussetzt, indem der Ausschlusstatbestand verlangt, dass der wichtige Grund in einem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters besteht:
„Vorliegen eines wichtigen Grundes wegen schuldhaftem Verhalten des Handelsvertreters“.
Unterscheidung
Es ist also zu unterscheiden. Wird dem Handelsvertreter fristlos gekündigt stellt sich die Frage, ob der Ausgleichsanspruch dadurch nicht zur Entstehung gelangen kann, § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB. Der Anspruch besteht nämlich nach dem gesetzlichen Regime dann nicht, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag. Erweist sich die Kündigung des Unternehmers als begründet, hat dies einschneidende Konsequenzen für den Handelsvertreter: er verliert seinen Ausgleichsanspruch. Liegt jedoch kein Verschulden des Handelsvertreters vor und fehlt die Verknüpfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes wegen schuldhaftem Verhalten, kann nur eine einfache außerordentliche Kündigung vorliegen. Diese wirkt wiederum nicht ausgleichsausschließend.
Korrekturmöglichkeit über Billigkeitsgesichtspunkte
Die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs muss gemäß
§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls der Billigkeit entsprechen. Ein Ausgleichsanspruch entsteht demnach nicht – oder in anderer Höhe -, wenn er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unbillig wäre (vgl. MüKoHGB/Ströbl, a. a. O., § 89b Rn. 92). Nach der Wertung der im Einzelfall anwendbaren Billigkeitskriterien sind diese in einer Gesamtschau gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Vor- und Nachteile auf jeder Seite ist zu prüfen, ob die Interessen einer Partei so sehr überwiegen, dass sie eine Erhöhung oder Minderung des rein rechnerisch ermittelten Ausgleichsanspruchs aus sachlichen Gründen erfordern (vgl. MüKoHGB/Ströbl,
a. a. O., § 89b Rn. 100).
Anwalt für Handelsvertreterrecht
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Rechtsanwalt Norbert Wolff
Seit 28 Jahren Anwalt für Handelsvertreterrecht. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und München. Tätigkeit bei einer Bundesbehörde und als Richter mit einer Abordnung an ein Landes-Justizministerium. Von 1995 bis September 2023 Geschäftsführer eines Handelsvertreterverbandes mit beratender und forensischer Tätigkeit. 28 Jahre Prozesserfahrung bei der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) und der Geltendmachung von Buchauszügen und Provisionsansprüchen.