Neuer § 128a ZPO

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Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten vom 15. Juli 2024

Mehr „Video“ hält Einzug in die Gerichtssäle!

Das Gesetz zur Förderung der Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten wurde Ende Juli im Bundesgesetzblatt verkündet.

Der Bundesrat hatte zunächst dafür plädiert, Videoverhandlungen in das Ermessen des Gerichts zu stellen, da die Gerichte vielfach noch nicht ausreichend technisch ausgestattet sind.

Der Kompromiss des Vermittlungsausschusses, der Gesetz geworden ist, sieht vor, dass Videoverhandlungen nur möglich sind, wenn sich die Fälle dafür eignen und ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Die Anordnung liegt im Wesentlichen in der Hand des Gerichts.

Die in der Praxis höchsten Hürden für Videoverhandlungen werden meiner Auffassung nach sein:

dass sie nur in geeigneten Fällen und bei hinreichenden (technischen) Kapazitäten möglich sind.

Ob künftig per Video verhandelt wird, hängt damit davon ab, wie großzügig oder eng die Gerichte die „Video-Eignung“ eines Falls auslegen und am Willen der Länder, die technische Ausstattung der Gerichte auszubauen.

Für vollvirtuelle Verhandlungen enthält das Gesetz eine Experimentierklausel für die Länder. Und auch der Entwurf für das Erprobungsgesetz für Online-Verfahren enthält erweiterte Möglichkeiten für Videoverhandlungen.

Voraussetzungen

für Video-Gerichtsverhandlungen

01

Geeignetheit

Der Fall muss geeignet sein für eine Videoverhandlung, was (auch immer) Geeignetheit bedeutet, legt der Spruchkörper fest.

02

nötige Technik

Das Gericht muss über hinreichende technische Kapazität verfügen, also die technischen Mittel besitzen.

Der neue 128a ZPO

für Video-Gerichtsverhandlungen

128 a Gesetzestext

Zivilprozessordnung § 128a Videoverhandlung



(1) Die mündliche Verhandlung kann in geeigneten Fällen und soweit ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen als Videoverhandlung stattfinden. Eine mündliche Verhandlung findet als Videoverhandlung statt, wenn an ihr mindestens ein Verfahrensbeteiligter oder mindestens ein Mitglied des Gerichts per Bild- und Tonübertragung teilnimmt. Verfahrensbeteiligte nach dieser Vorschrift sind die Parteien und Nebenintervenienten, ihre Bevollmächtigten sowie Vertreter und Beistände.

(2) Der Vorsitzende kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung für einen Verfahrensbeteiligten, mehrere oder alle Verfahrensbeteiligte gestatten oder anordnen. Gegen eine Anordnung kann der Adressat innerhalb einer Frist von zwei Wochen Einspruch einlegen. Hierauf weist der Vorsitzende mit der Anordnung hin.

(3) Beantragt ein Verfahrensbeteiligter seine Teilnahme per Bild- und Tonübertragung, soll der Vorsitzende ihm diese unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 gestatten. Die Ablehnung eines Antrags auf Teilnahme per Bild- und Tonübertragung ist kurz zu begründen.

EINSPRUCH

4) Wird der Einspruch nach Absatz 2 Satz 2 fristgerecht eingelegt, so hebt der Vorsitzende die Anordnung für alle Verfahrensbeteiligten auf, gegenüber denen eine Anordnung erfolgt ist. In diesem Fall soll der Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten, die keinen Einspruch eingelegt haben, die Teilnahme per Bild- und Tonübertragung gestatten. Das Antragsrecht nach Absatz 3 Satz 1 bleibt hiervon unberührt.

(5) Der Vorsitzende leitet die Videoverhandlung von der Gerichtsstelle aus. Er kann anderen Mitgliedern des Gerichts bei Vorliegen erheblicher Gründe gestatten, an der mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung teilzunehmen.

(6) Den Verfahrensbeteiligten und Dritten ist es untersagt, die Videoverhandlung aufzuzeichnen. Hierauf sind sie zu Beginn der Verhandlung hinzuweisen. Die Videoverhandlung kann für die Zwecke des § 160a ganz oder teilweise aufgezeichnet werden. Über Beginn und Ende der Aufzeichnung sind die Verfahrensbeteiligten zu informieren.

(7) Entscheidungen nach dieser Vorschrift sind unanfechtbar. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Anwalt für Handelsvertreterrecht
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Rechtsanwalt Norbert Wolff

Seit 28 Jahren Anwalt für Handelsvertreterrecht. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und München. Tätigkeit bei einer Bundesbehörde und als Richter mit einer Abordnung an ein Landes-Justizministerium. Von 1995 bis September 2023 Geschäftsführer eines Handelsvertreterverbandes mit beratender und forensischer Tätigkeit. 28 Jahre Prozesserfahrung bei der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) und der Geltendmachung von Buchauszügen und Provisionsansprüchen.