Blog
Ausgleich Verjährung
- zu weiteren beiträgen hier blättern:
Verjährung von Ansprüchen =
Einrede, die nur berücksichtigt wird, wenn sie geltend gemacht wird.
Materielle Ausschlussfrist = eine gesetzliche oder vertragliche Frist, innerhalb derer ein Anspruch geltend gemacht werden muss, damit dieser nicht endgültig erlischt (Tatbestandsmerkmal).
Auf die Verjährung von Ansprüchen ist besonderes Augenmerk zu legen. Der Ausgleich unterliegt jedoch zudem einer besonderen Ausschlussfrist.
Die Verjährung beschreibt im rechtlichen Sinne den Ablauf einer bestimmten Frist, nach der ein Anspruch nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden kann. Sie führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs selbst, sondern nur dazu, dass der Anspruch nicht mehr zwangsweise, also gerichtlich, durchsetzbar ist. Der Schuldner kann sich auf die Verjährung berufen, was zur sogenannten Einrede der Verjährung führt.
Regelungen zur Verjährung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Verjährung von Ansprüchen umfassend in den §§ 194 bis 218 BGB. Die sogenannte Regelverjährung beträgt drei Jahre, es gibt jedoch auch kürzere oder längere Verjährungsfristen, abhängig von der Art des Anspruchs.
Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und gilt für die meisten zivilrechtlichen Ansprüche, insbesondere für:
Vertragliche Ansprüche, Schadenersatzansprüche, Ansprüche auf Zahlung von Geld.
Die Provisionsansprüche des Handelsvertreters unterliegen dieser gesetzlichen Verjährungsfrist, soweit vertraglich nicht etwas anderes geregelt ist.
Die Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB am Ende des Jahres (Ultimo-Prinzip), in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis vom Anspruch und der Person des Schuldners erlangt hat oder hätte erlangen müssen (sogenannte „Kenntnis“).
Beispiel: Wenn ein (Provisions-)Anspruch am 15.01.2023 entsteht, beginnt die Verjährung am 31.12.2024 zu laufen und endet nach drei Jahren, also am 31.12.2027.
Die Provisionsforderung ist somit bis zum 31.12.2027 durchsetzbar. Ab dem 01.01.2028 ist die Forderung jedoch verjährt („einredebehaftet“).
Die Verjährung führt jedoch nicht automatisch zum Erlöschen des (Provisions-)Anspruchs, sondern berechtigt den Schuldner, die Leistung zu verweigern. Er muss sich jedoch auf die Verjährung berufen, indem er die sogenannte Einrede der Verjährung erhebt. Tut er dies nicht, kann der Gläubiger seinen Anspruch weiterhin durchsetzen.
Verjährung von
Provisionsansprüchen
Ausgleichsansprüchen
Provisionsansprüche
3 Jahre unter Beachtung des Ultimoprinzips und Kenntniserlangung
Ausgleichsanspruch
3 Jahre mit einjähriger "eingeschlossener" materieller Ausschlussfrist
Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen
materielle Ausschlussfrist unbedingt beachten
Vertragsende / Beginn
ab jetzt laüft die Ausschlussfrist
Anmelden / Anfordern
1 Jahr um anzumelden
Die materielle Ausschlussfrist
allgemein
Eine materielle Ausschlussfrist ist eine zeitliche Frist, nach deren Ablauf ein Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann und endgültig erlischt. Sie hat eine ähnliche Funktion wie die Verjährung, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Während ein Anspruch nach Ablauf der Verjährungsfrist nur nicht mehr durchsetzbar ist (der Anspruch besteht weiterhin), führt der Ablauf einer materiellen Ausschlussfrist dazu, dass der Anspruch vollständig und unwiderruflich erlischt.
Wesentliches Merkmal der materiellen Ausschlussfrist ist der endgültige Anspruchsverlust. Wenn die Frist abgelaufen ist, besteht der Anspruch nicht mehr. Der Gläubiger kann diesen Anspruch auch außergerichtlich nicht mehr geltend machen.
Materielle Ausschlussfristen können sowohl in Gesetzen als auch in Verträgen festgelegt werden.
Materielle Ausschlussfristen sind strenge Fristen, deren Versäumnis zum vollständigen Verlust eines Anspruchs führt. Sie spielen vor allem in Bereichen wie dem Arbeits- und Versicherungsrecht eine wichtige Rolle und eben bei dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters:
formelle Anforderung an die Ausgleichsgeltenmachung
Der Ausgleichsanspruch muss innerhalb eines Jahres nach Vertragsende geltend gemacht werden, sonst ist er unwiederbringlich verloren bzw. erloschen.
Die erste formelle Anspruchsvoraussetzung ist daher die Beachtung der Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 HGB. Danach muss der Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres nach der Vertragsbeendigung geltend gemacht werden. Dies bildet eine gesetzliche Ausschlussfrist. Da es sich um eine materielle Ausschlussfrist handelt, erlischt der Ausgleich nach ihrem Ablauf.
Die Rechtswirkung der Fristversäumnis wird vom Gericht nicht erst, wie bei der Verjährung, auf Einrede hin berücksichtigt; sie greift „automatisch“ ein, sofern die Fristversäumnis sich aus dem Tatsachenvortrag der Parteien ergibt. Das Gericht beachtet die Ausschlussfrist von Amts wegen.Da es sich bei ihr um ein Tatbestandsmerkmal handelt, muss der Handelsvertreter zur Wahrung der von Amts wegen zu prüfenden Ausschlussfrist vortragen, es sei denn, die Klage wurde bereits innerhalb der Jahresfrist eingereicht. Ohne einen solchen Vortrag wäre die Klage unschlüssig. Nach Ende der Ausschlussfrist kann der Anspruch nicht mehr gefordert werden.
Zweck der Ausschlussfrist ist es, dem Unternehmer möglichst schnell nach Beendigung des Vertrages Gewissheit zu geben, ob ein den Ausgleich beansprucht wird oder nicht. Dies ist angesichts der Höhe mancher Ausgleichsansprüche durchaus verständlich, stellt letztlich jedoch einen Systembruch im System des Ausgleichsanspruchs bzw. des Schuldrechts überhaupt dar. Üblicherweise übernimmt die Verjährungsfrist diese Aufgabe.
Unkenntnis oder unverschuldete Fristversäumnis verlängern die Frist nicht. Da es sich um eine materielle, nicht um eine prozessuale Frist handelt, ist auch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach den Regeln der ZPO nicht möglich.
Das Gesetz regelt nicht, ob die Frist zwingend sei. Eine Verkürzung der Frist vor Vertragsende schei- tert jedoch an § 89b Abs. 4 S. 1 HGB.
Der ausschlussfristwahrenden Forderung nach Ausgleich bedarf es dann nicht, wenn der Unternehmer den Ausgleich bereits dem Grunde nach anerkannt hat.
Sofern jedoch das Anerkenntnis nach Ablauf der Ausschlussfrist erfolgt, muss ihm auch der Wille zu entnehmen sein, sich nicht auf die Ausschlussfrist berufen zu wollen. Dies wiederum setzt Kenntnis vom Verstreichen der Frist voraus. Das Anerkenntnis muss hinreichend deutlich erfolgen.
Die Notwendigkeit einer Geltendmachung innerhalb der Jahresfrist führt nicht dazu, dass die Verjährungsregeln nicht mehr einzuhalten wären.
Beginn der Ausschlussfrist: Die Frist beginnt erst nach der rechtlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses, also am Tag nach der rechtlichen Beendigung des Handelsvertretervertrages – Wortlauts des Abs. 4 „nach Beendigung“.
Entgegen dem Wortlaut des § 89b Abs. 4 S. 2, demzufolge der Handelsvertreter den Ausgleich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen hat, ist anerkannt, dass der Handelsvertreter den Ausgleich bereits vor Vertragsbeendigung fordern kann, sofern das Vertragsende absehbar ist.
Damit ist die Anforderung des Ausgleichs zumindest zulässig, sobald (im Fall der Vertragsbeendigung durch befristete Kündigung) die Kündigung ausgesprochen ist.
Die Ausgleichs(an)forderung ist kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft. Sie kann auch in Vollmacht für einen Dritten erfolgen.
Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Es reicht jede (text)schriftliche oder mündliche Erklärung, aus der der Unternehmer entnehmen kann, dass ein Ausgleich verlangt werde. Auf die Formulierung kommt es nicht an und eine Begründung ist unnötig. Nicht genügt die Erklärung, dass man „sich weitere Schritte vorbehalte“.
Die mündliche Geltendmachung ist ausreichend, jedoch aus Beweisgründen kaum ratsam. Insbesondere muss der Anspruch nicht gerichtlich gefordert werden. Es genügt jede Art der außergerichtlichen Geltendmachung. Der Ausgleich muss jedoch hinreichend deutlich angefordert werden. Weder braucht § 89b genannt zu werden noch muss die Forderung ausdrücklich als solche nach Ausgleich betont werden. Eine Bezifferung der Ausgleichsforderung wird gleichfalls nicht verlangt, ebenso wenig die Angabe der ungefähren Ausgleichs- höhe.
Die Benachrichtigungskarte eines Einschreibens ersetzt nicht den Zugang des Geltungsmachungsschreibens, es sei denn, der Inhalt des Schriftstückes steht außer Zweifel.
Beispiele: Eine wirksame (An-)Forderung liegt bspw. in folgenden Fällen vor: Bei Forderung nach „Entschädigung für die Vertragsbeendigung“, dem Verlangen nach einer Kündigungsentschädigung, der Forderung nach Anerkenntnis der Ausgleichspflicht dem Grunde nach, der Formulierung im Rechtsanwaltsschreiben „Weiterhin sind wir beauftragt worden, den Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend zu machen. Die Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs erfolgt ebenfalls in Kürze in einem gesonderten Schriftsatz“. Es muss nur klar sein, dass eine Kompensation für das Vertragsende gefordert wird. E
Anwalt für Handelsvertreterrecht
Sie haben noch Fragen
Rechtsanwalt Norbert Wolff
Seit 28 Jahren Anwalt für Handelsvertreterrecht. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und München. Tätigkeit bei einer Bundesbehörde und als Richter mit einer Abordnung an ein Landes-Justizministerium. Von 1995 bis September 2023 Geschäftsführer eines Handelsvertreterverbandes mit beratender und forensischer Tätigkeit. 28 Jahre Prozesserfahrung bei der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) und der Geltendmachung von Buchauszügen und Provisionsansprüchen.