Provisionshöhe und Ausgleichsanspruch

§ 87b Abs. 1 HGB regelt nur sehr allgemein Folgendes:

"Ist die Höhe der Provision nicht bestimmt, so ist der übliche Satz als vereinbart anzusehen".

Die übliche Provision, die § 87b Abs. 1 HGB anspricht, wird nur geschuldet, wenn vertraglich nichts Abweichendes bestimmt wurde, wobei sich die Parteien auf Teilregelungen zu bestimmten Provisionsarten, Tätigkeiten oder Zeitabschnitten beschränken dürfen. In der Praxis ist die Provisionshöhe – reine – Verhandlungssache. In keinem Fall sollte der Handelsvertreter sich auf eine von dem Prinzipal vorgegebene Provisionshöhe unkritisch, ohne nähere Überprüfung der wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des versprochenen Satzes, einlassen. Es existieren Provisionshöhen  von 0,5 % bis 40 %, je nach Branche und Produkt. Allgemeingültige Provisionssätze lassen sich kaum ermitteln. Jede Vertretung ist anders und wirtschaftlich individuell zu beurteilen.

Provisionshöhe

Provisionssatz
in Prozenten vom Umsatz
Garantieprovision
Einfluss auf die Höhe der Jahresprovision
Ausgleich

01

Einführung Produkt

Soll ein Produkt neu eingeführt werden oder gibt es einen Altkundenbestand? Ist eine Bezirksvertretung eingeräumt?

02

Auskömmlichkeit

Häufig wird nicht genügend Augenmerk auf die wirtschaftliche Notwendigkeit der Provisionshöhe gelegt.

Vorbereitet verhandeln

Unbedingt verhandeln. Der Handelsvertreter muss seine Kosten und wirtschaftlichen Erwägungen klar darlegen können.

Exakte Überprüfung

Ohne Überprüfung der eigenen Kostenstruktur geht es nicht. Blinde Akzeptanz eines angebotenen Provisionssatzes ist schlecht.

Kundenschutz oder Bezirksvertretung

Es ist sehr wichtig den Unterschied zwischen Kundenschutz und Bezirksschutz zu verstehen.

Ausgangspunkt ist die Vorschrift des § 87 HGB. Grundsätzlich erhält der Handelsvertreter eine Provision nur für von ihm selbst vermittelte Geschäfte (§ 87 Abs. 1, 1. Alternative). Es kann aber auch vertraglich vereinbart werden, dass der Handelsvertreter für von ihm geworbenen Kunden provisionsberechtigt sein soll (§ 87 Abs. 1, 2. Alternative), so dass dem Handelsvertreter nicht nur für die von ihm selbst vermittelten Geschäfte mit diesen Kunden Provisionen zusteht, sondern auch für Folgegeschäfte der gleichen Art, die er nicht vermittelt hat. Der Anspruch des Handelsvertreters auf Ausgleich (Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB) ist davon ebenfalls beeinflusst.

Bezirksvertretung

Bestellt ein Unternehmer einen Handelsvertreter in einem abgegrenzten Gebiet bzw. Bezirk mit der Vermittlung von Geschäften mit den dort ansässigen Kunden und potentiellen Interessenten, begründet dies für den Handelsvertreter gemäß § 87 Abs. 2 HGB einen Anspruch auf Provision für alle direkten und indirekten Geschäfte, die der Unternehmer mit in diesem Gebiet ansässigen Kunden abschließt, unabhängig davon, ob der Handelsvertreter am Zustandekommen jedes einzelnen Geschäfts beteiligt war oder nicht oder ob er es überhaupt kennt. Man spricht dann von einer Bezirksvertretung. Dies sollte die vom Handelsvertreter bei den Vertragsverhandlungen angestrebte Provisionsregelung sein. 

Vertragliche Regelung notwendig

Notwendig ist dabei, dass der Handelsvertretervertrag ausdrücklich eine Bezirksvertreterstellung einräumt und sich dies auch in der Provisionsklausel widerspiegelt. Eine solche Klausel ist nachfolgend formuliert:

"Der Handelsvertreter wird als Bezirksvertreter für das folgende, durch Postleitzahlenbereiche definierte, Gebiet bestellt. Sämtliche direkten und indirekten Aufträge aus diesem Gebiet sind provisionspflichtig, unabhängig davon, ob der Handelsvertreter an dem jeweiligen Auftrag mitgewirkt hat oder nicht".

Eigene Kosten ermitteln

Das bedeutet, dass der Handelsvertreter den Provisionssatz mit dem vertretenen Unternehmer aushandeln muss. Jeder Handelsvertreter sollte sich daher, vor Aufnahme der neuen Vertretung bei den zu führenden Vorgesprächen und Verhandlungen im Klaren sein, wie seine Provisionseinnahmen aussehen müssen. Die Provisionseinnahmen müssen ausreichend sein um sämtliche Kosten zu decken, dem Handelsvertreter ein Einkommen zu sichern, das seiner Tätigkeit angemessen ist und um einen Gewinn zu erreichen, der es ermöglicht, die Handelsvertretung systematisch aufzubauen und zu erweitern.

Je nach den besonderen individuellen Gegebenheiten muss der Handelsvertreter seine für die Vertretung aufzuwendenden Kosten exakt ermitteln. Entscheidend sind dabei die Größe des Bezirks, der Umfang der Reisetätigkeit, ob eine Bezirksvertretung eingeräumt wird etc.

Anwalt für Handelsvertreterrecht
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Rechtsanwalt Norbert Wolff

Seit 28 Jahren Anwalt für Handelsvertreterrecht. Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen und München. Tätigkeit bei einer Bundesbehörde und als Richter mit einer Abordnung an ein Landes-Justizministerium. Von 1995 bis September 2023 Geschäftsführer eines Handelsvertreterverbandes mit beratender und forensischer Tätigkeit. 28 Jahre Prozesserfahrung bei der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) und der Geltendmachung von Buchauszügen und Provisionsansprüchen.